Unsere kleine Dorfschule (Volksschule)

Meine Hugstetter Großmutter erzählte, dass in ihrer Kindheit eine Dorfschule nur 7 Schuljahre hatte. Da Hochdorf ein Nachbardorf von Hugstetten ist, kann man davon ausgehen, dass es in Hochdorf auch so war. Von meiner Mutter weiß ich, dass es nach dem 1. Weltkrieg 8 Schuljahre waren.

Im „kleinen“ Hochdorf gab es früher pro Schuljahr nur eine Klasse. Die Klassenstärke schwankte. Man unterschied in die „Morgenschule“ und in die „Mittagsschule“. Die älteren Kinder besuchten die Morgenschule, die jüngeren die Mittagsschule.

Schulsituation in den 1950er Jahren
Aufteilungen in Klassen

Eine Lehrkraft hatte morgens z. B. die Klassen 5 und 6, die andere Lehrkraft die Klassen 7 und 8. Die gleichen Lehrkräfte unterrichteten auch die Kinder der Mittagsschule. Es waren auch zwei Gruppen, z. B. die Klassen 1 und 2 und die Klassen 3 und 4. Es gab zeitweise auch die Kombination, dass in der Mittagsschule ein Lehrer nur die 1. Klasse und der andere Lehrer die Klassen 2 und 3 hatte. In der Morgenschule hatte ein Lehrer dann die Klassen 4 und 5, der andere die Klassen 6, 7 und 8 gleichzeitig. Besonders eng wurde es, als am Samstagvormittag noch Unterricht war. Zumindest im Schuljahr 1949/50 hatte ein Lehrer samstags die Klassen 1, 6, 7 und 8 der andere Lehrer die vier Klassen dazwischen. Die genaue Aufteilung machten wohl die Lehrkräfte unter sich aus.

Räum – wo wurde unterrichtet?

Zwischen 1945 und 1952 war der Saal des heutigen Pfarrer-Meybrunn-Haus der Unterrichtsraum für eine Gruppe. Für die andere Gruppe war der Unterrichtsraum im OG des altes Rathaus. Dieses Haus stand genau in der Dorfmitte, wurde aber später abgerissen. Die Lehrer wechselten die Unterrichtsräume nicht.
Ab dem Sommer 1952 konnte das neue Schulhaus, heute Michael-Denzlinger-Haus, bezogen werden.

Schulferien

Fixe Ferientermine waren Fasnacht, Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Weil die Kinder auf den Felder und Wiesen mitarbeiten mussten, richteten sich die anderen Ferientermine nach der Erntezeit.

  • Heuernte (2 Wochen), oft Anfang Juni,
  • Getreideernte (2 Wochen), im Juli,
  • Öhmd-Ernte (1 Woche), August/September,
  • Kartoffel-, Rüben- und Tabakernte (4 Wochen), meist Oktober.

Später richteten sich alle Schulferien auch auf dem Land nach dem Ferienplan von Baden-Württemberg. Das hing sicher auch damit zusammen, dass immer mehr Kinder auf eine Realschule (Mittelschule) oder ein Gymnasium in Freiburg gingen. Das Schuljahr 1951/52 war für alle in Baden-Württemberg ein Kurzschuljahr, es endete mit Beginn der Osterferien. Danach begann jedes neue Schuljahr unmittelbar nach den Osterferien.

Zeugnisse in der Volksschule / Bewertungen

Das Folgende Zeugnis-Beispiel galt für die 1949 eingeschulten Kinder, unverändert bis zur Entlassung an Ostern 1957.

Betragen:  gut – nicht ganz zufriedenstellend – tadelswert,

Fleiß und Mitarbeit: sehr gut – gut – ziemlich gut – mangelhaft – ungenügend,

Noten für die folgenden Fächer: von 0 … 20 Punkte; 20 Punkte = sehr gut, 0 Punkte = schlecht.

  • Religion,
  • Deutsch,
  • Lesen und Sprachlehre,
  • Aufsatz,
  • Rechtschreiben,
  • Schönschreiben,
  • Rechnen und Geometrie,
  • Erdkunde,
  • Geschichte,
  • Naturgeschichte,
  • Naturlehre,
  • Gesang,
  • Zeichnen,
  • Turnen,
  • Handarbeit (Mädchen).

Viele Fächer haben sich inhaltlich überlappt. Die Aufteilung in Fächernoten war dann oft Lehrersache. Es gab Zeugnisheft für die ganze Schulzeit. Ein Elternteil musste die Halbjahresnoten unterschreiben. Danach brachten die Schüler das Zeugnisheft wieder dem Lehrer.

Lehrer und „Erzieher“

Manchmal waren es zwei „Herr Lehrer“, manchmal auch ein „Herr Lehrer“ und ein lediges „Fräulein Lehrerin“ oder eine verheiratete „Frau Lehrerin“. Oft hatte man auch den Eindruck, dass der eine Lehrer bestimmt und der andere nickt. So hatte beispielsweise unser „Klassenlehrer“ mit uns eine Fahrt mit dem Zug nach Ötigheim zu einem Volksschauspiel (Götz von Berlichingen?) abgesprochen. Als wir uns am besagten Tag in aller Frühe auf dem Hochdorfer Dorfplatz trafen, um zu Fuß zum Hugstetter Bahnhof zu gehen, hatte der andere Lehrer uns erwartet und auf der Fahrt begleitet, obwohl er nicht „unser“ Herr Lehrer war.

Erziehungsmethoden

Schläge waren normale Erziehungsmittel (!!). Die Art der Schläge war vom Lehrer und der „Übeltat“ abhängig. Es gab Schläge mit einem Bambusrohr auf die Innenhand (Finger) und Schläge auf den „Hosenboden“. Für die Hiebe auf den Hosenboden zog der Lehrer den Jungen über sein eigenes Knie. Mädchen wurden allenfalls mit einer Ohrfeige gemaßregelt.

Schadenfreude

Um zu bestrafen, zitierte einer der damaligen Lehrer den Jungen immer vor die Klassenzimmertür. Wir wussten alle, jetzt wird der Hosenboden versohlt. Wir wussten auch wie es geschieht. Der Lehrer benutzte nämlich dazu den Handfeger seiner Frau. Die Eingangstür zur Lehrerwohnung war genau gegenüber der Klassenzimmertür.
Als dieser Lehrer wieder einmal seine Erziehungsmethode anwandte, hörten wir plötzlichen einen lauten Schlag an der Klassenzimmertür. Danach öffnete der Lehrer die Tür und hielt den kurzen Stiel des Handfegers in der rechten Hand, das Bürstenteil lag am Boden. Was war passiert? Der zu bestrafende Junge erzählte auf dem Heimweg, dass er dem Lehrer vom Oberschenkel sprang. Die Hand des Lehrers hatte wohl schon richtigen Schwung. So schlug der Lehrer den Handfeger so stark gegen die Tür, dass der Griff des Handfegers abbrach.

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